"Attraktivität hat nichts mit Oberflächlichkeit zu tun" - ein Interview mit Dr. med. Gerhard Sattler in "Die Dame"

Sie sind seit über 30 Jahren in der Ästhetischen Medizin tätig, was hat sich im Laufe der Zeit gerade hinsichtlich der Patientenwünsche geändert?

Ich bin Dermatologe, die meisten, die sich vor 30 Jahren der Ästhetischen Medizin zugewendet haben kamen aus der Plastischen Chirurgie. Das ist auch der Grund dafür, warum früher eher chirurgisch behandelt wurde, in Form von Facelifts oder Bodylifts. Aber man hat glücklicherweise erkannt, dass die sichtbare Hautalterung und die meisten altersbedingten Veränderungen wie plötzlich auftauchende Problemzonen an Stellen, wo früher keine waren ihre Ursache in unserem Gewebe finden. Das hat auch die Pharmaindustrie und die Medizintechnik erkannt und deshalb blicken wir heute auf ein großes Portfolio an minimal-invasiven und non-invasiven Möglichkeiten mit denen man auch präventiv arbeiten kann, um später im Alter chirurgische Eingriffe entweder ganz zu vermeiden oder zeitlich stark hinauszuzögern. Des Weiteren hat sich der Umgang in unserer Gesellschaft mit dem Thema an sich stark verändert. Früher wurde, wenn überhaupt nur unter vorgehaltener Hand darüber berichtet, heute wird wesentlich offener darüber kommuniziert und auch in der seriösen Medienlandschaft wird das Thema sehr offen diskutiert und wohlwollend dargestellt.

Früher hat man Schönheitschirurgie immer dem Wunsch nach ewiger Jugend gleichgesetzt. Wie sehen Sie das?

Forever Young ist auch heute noch gefragt, allerdings ist das eher ganzheitlich zu sehen. Man möchte so aussehen, wie man sich fühlt. Während man noch vor 30 Jahren mit 50 bereits zum alten Eisen gehörte, steht man heute innerhalb der Gesellschaft noch voll in der Blüte, ist fit und möchte das Leben genießen. Und dem eigenen Lebensgefühl sollte dann auch der Optik entsprechen. Es sind oft ganz kleine Maßnahmen, mit denen man seinem eigenen Lebensgefühl und der Zufriedenheit auf die Spränge helfen kann.  Für mich hat der Wunsch nach Attraktivität auch nichts mit Oberflächlichkeit zu tun. Wenn man sich selbst mag, ist man auch sanfter im Umgang mit seinem Umfeld und auch nicht zu hart zu sich selbst.

Frauen gehen besonders kritisch mit sich selbst um. Was bemängeln sie am häufigsten?

Das weibliche Geschlecht hat einen anderen Bezug zur Schönheit, als die Männer. Die Attraktivität einer Frau hat einen anderen Stellenwert in ihrer Prioritätenliste. Zusätzlich definieren sich Frauen neben ihren menschlichen und beruflichen Qualitäten auch besonders über ihr attraktives Äußeres. So wird der Frisur, der Bekleidung und der gesamten körperlichen Erscheinung mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Bei Letzteren spielen Gesicht und Figur, insbesondere die weibliche Brust ein dominierende Rolle. Das Erscheinungsbild sollte frisch, nicht müde sein, sympathisch und zugänglich, statt gestresst, überfordert und müde. Eine schöne Haut sorgt für Wohlbefinden.

Gerade in Zeiten von Instagram und Co. sieht man immer mehr junge Menschen, die ganz offensichtlich und augenscheinlich behandelt wurden oder ihre Behandlung sogar öffentlich zeigen. Was halten Sie von diesem Trend?

Wir selbst sind mit der Rosenpark Klinik und der Bellari auch mit Accounts bei Facebook und Instagram vertreten, versuchen das aber niveauvoll zu gestalten und verzichten auf Filter. Ich halte diesen ganzen Optimierungswahnsinn und das kreieren einer Sekundärrealität für sehr gefährlich für die eigene Psyche. Man bekommt dort Likes und Zuspruch für Bilder, die teilweise mit den realen Spiegelbild nichts zu tun haben. Dann verabredet man sich z.B. zu einem Treffen oder Date und erfährt Ablehnung, weil das reelle Bild vielleicht ganz anders vom Gegenüber wahrgenommen wird. Das ist wirklich deprimierend. Perfektionierung wird durch Filter vorgelebt und teilweise versucht durch ästhetische Behandlungen weiter zu verbessern. Was in 2D gut aussieht, kann in 3D aber komisch anmuten. Die Realität in unserem Klinik-Alltag lässt aber hoffen, da überwiegend der Wunsch nach Natürlich besteht.

Wie werden diese jungen Patientinnen denn aussehen, wenn sie 50 sind?

Wer zu früh zu viel macht, kann im Alter schnell sogar älter wirken, als er ist. Weniger ist mehr. Ein Paradebeispiel sind hierfür Lippenbehandlungen. Man muss sich immer vor Augen halten, dass man mit jeder Behandlung durch eine Spritze auch kleinste Vernetzungen im Gewebe setzt, die sich dann zu Narben ausbilden. Hyaluronsäure als Filler baut sich nach einer Zeit zwar von selbst ab, Narben bleiben aber. Irgendwann verformt sich die Lippe im Laufe der Jahre und nach 30 Jahren der kontinuierlichen Behandlung sieht man dann unnatürlich aus und kann gar nichts mehr dagegen tun.

Wann sollte man denn damit anfangen „sich begleiten zu lassen“?

Wie altern alle individuell und haben auch unterschiedliche erste Merkmale des Alterns. Prävention schadet nicht, aber weniger ist auch hier mehr. Ab dem 25 Lebensjahr beginnt die noch nicht sofort sichtbare Hautalterung, hier kann man mit sanften und oberflächlichen Methoden, wie z.B. einem regelmäßigem Fruchtsäure-Peeling oder Microdermabrassion entgegenwirken. Beim wem sich genetisch bedingt dann doch schon eine Zornesfalte beginnt auszuprägen, schadet auch Botulinumtoxin nicht. Eine generelle Regel gibt es hier jedoch nicht, da sowohl die Alterung, als auch das persönliche Empfinden der Patientin sehr individuell sind.

Wenn man sich für eine Schönheitsbehandlung entscheidet, worauf sollte man bei der Arztwahl achten?

Wie viel Erfahrung hat der Arzt? Ist er darauf spezialisiert und welche Materialien bzw. Geräte verwendet er? Und dann kommen noch Faktoren: in welchen Gesellschaften ist er Mitglied? Ist er ein Facharzt oder nennt er sich lediglich Schönheitschirurg? Man sollte in jedem Fall wissen, dass es sich bei „Schönheitschirurg“ um eine Betitelung handelt, die nicht geschützt ist. Das bedeutet, dass sich jeder Arzt so nenn darf. Selbst ein Urologe oder Unfallchirurg dürfte das. Bei uns finden man sowohl bei der BELLARI, als auch der Klinik jeweils die Lebensläufe unserer Ärzte auf der Website. Wer also nichts zu verbergen hat, geht offen damit um.

Was wird in Ihrer Klinik am häufigsten nachgefragt?

Wir haben vor gut 23 Jahren als Zentrum für Liposuktion (Fettabsaugung) angefangen. Aufgrund unserer Erfahrung im Bereich der ästhetischen Körperformung mit über 28.000 Behandlungen und über 78.000 Gesichtsverjüngungs-Maßnahmen können wir unseren Patienten einen größtmöglichen Erfahrungsschatz und Sicherheit bei der Behandlung und dem gewünschten Ergebnis bieten. Wir bieten über 70 Behandlungsmethoden an, deswegen und aufgrund der Individualität eines jeden Patienten, ist es schwer, hier die Wünsche einzugrenzen. Aber nach wir vor sind es Liposuktionen und Gesichtsverjüngen mit Fillern und Botulinumtoxin die Spitzenreiter. 

Wann ist ein Mensch schön/attraktiv für Sie?

Auf mich wirken Menschen und besonders Frauen dann attraktiv, wenn sie selbstbewusst und agil, mit sich zufrieden und clever sind. Besonders wichtig erscheint mir die innere Reife eines Menschen. Die Summer der Erfahrungen verleiht der Persönlichkeit eine besondere Tiefe. Das bedeutet, dass jeder Mensch nicht nur jeden Tag älter wird, sondern auch reifer und wertvoller.. Das in Kombination mit einem dynamische, attraktiven Äußeren ist dann ganz besonders. Wirkliche Schönheit strahlt nach wie vor von Innen.